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Kreislaufwirtschaft im Mittelstand – Teil 2: Die Leichtigkeit des Seins

Mittelständische Unternehmen stehen täglich unter dem Druck, Kosten zu senken und Ressourcen effizient einzusetzen. Gleichzeitig verlangen Ihre Kunden zunehmend nach nachhaltigen und umweltfreundlichen Produkten und Dienstleistungen. Die Kreislaufwirtschaft hilft, diese beide Ziele in Einklang zu bringen. Daher glauben wir, dass die beiden das perfekte Liebespaar sind! Warum beide voneinander profitieren, kann man in Teil 1 der Liebesgeschichte nachlesen.


In diesem Teil geht es um Strategien. Es kann zunächst herausfordernd sein, sowohl zirkulär als auch wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Unternehmen benötigen dafür neues Wissen und Denkmuster, geeignete KPI-Systeme und eine klare Strategie, um ihre Unternehmenskultur auf ein neues industrielles System einzustellen. Aber diese anfängliche Komplexität kann schnell gemeistert werden. Der Übergang zur Kreislaufwirtschaft muss für KMU nicht kompliziert und teuer sein. Wer weiß, welche ersten Schritte auf diesem Weg zu gehen sind, stellt wichtige Weichen für die Zukunft. Die mittlerweile sehr bekannten 10-R-Strategien können dafür als Orientierung dienen. Wichtig zu wissen ist, wie KMU sie auf ihre Geschäftsmodelle und Produkte anwenden können.



Darüber hinaus gibt es viele einfache Maßnahmen, mit denen Unternehmen Schritt für Schritt in die Kreislaufwirtschaft einsteigen können. Viele Unternehmen setzen viele dieser Maßnahmen bereits um und wissen gar nicht, dass sie schon längst nach den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft handeln. Auch hier gilt: Wer diese Schritte in einen systemischen Rahmen einbettet und sich zu einer Strategie im Unternehmen bekennt, kann schon mit einfachen Maßnahmen große Erfolge erzielen, die Mitarbeiter mitnehmen und die Kunden überzeugen.


Um zu verdeutlichen, wie das in Unternehmen aussehen kann, stellen wir in den folgenden Abschnitten einige praktische Strategien für die Kreislaufführung in Unternehmen vor, die durch entsprechende Beispiele ergänzt werden.


Praktische Strategien der Kreislaufführung in Unternehmen


Zero-Waste-Strategie

Ressourceneffizienz wird bereits mit steigender Tendenz von KMU in die Unternehmensstrategie integriert. Die Zero-Waste-Strategie ist eine Variante, Ressourceneffizienz zu adressieren, indem festgelegt wird, dass Abfall im Unternehmen gar nicht erst entsteht. Wenn dies in einer Strategie verankert ist, ist es einfacher, die Mitarbeiter dafür zu sensibilisieren. Statt sich also damit zu beschäftigen, wie Abfälle am umweltverträglichsten entsorgt werden können, sollte man sich damit beschäftigen, dass Abfälle am besten gar nicht erst entstehen. Ein Beispiel dafür ist die Optimierung der Lagerhaltung. Eine effiziente Lagerhaltung kann dazu beitragen, Abfälle zu reduzieren und die Ressourcennutzung zu optimieren. Durch ein besseres Bestandsmanagement und die Vermeidung von Überproduktion können Unternehmen ihre Umweltbilanz verbessern und Kosten senken.

 

Kaskadennutzung

Die Kaskadennutzung ist ein Konzept, bei dem Rohstoffe und Produkte in aufeinanderfolgenden Stufen mit abnehmenden Qualitätsanforderungen genutzt werden und so die Nutzungsdauer der Ressourcen verlängert wird. Ein Beispiel für eine gute Umsetzung ist die Verarbeitung von Holz. In der Holzindustrie kann Holz in einer Nutzungskette mehrfach auf verschiedenen Nutzungsstufen verwendet werden. So kann beispielsweise nach der primären Nutzung des Holzes für Möbel oder Bauzwecke das Material weiterverwendet werden, etwa in Form von Holzspänen für die Produktion von Spanplatten. Am Ende des Lebenszyklus kann das Holz dann energetisch verwertet werden, beispielsweise in Biomassekraftwerken. Diese Art der Kaskadennutzung trägt dazu bei, den Rohstoff Holz länger in der Wertschöpfungskette zu halten und somit die Ressourceneffizienz zu steigern, indem das Material auf jeder Stufe seiner Lebensdauer maximal genutzt wird, bevor es als Energiequelle dient.

 

Prozesse innerhalb des Betriebs

Durch innerbetriebliche Kreislauf- und Recyclingprozesse können Materialien im Kreislauf gehalten werden, indem Rückstände und Abfälle aus der Produktion wieder als Input verwendet werden. Produktionsprozesse sollten daher auf Potenziale hin überprüft werden: Wo fallen Abfälle wie Metallspäne, Kunststoffreste oder Verpackungsmaterialien an? Hier hilft eine Stoffstromanalyse, die die Materialflüsse innerhalb eines Betriebs ermittelt. Statt diese als Abfälle zu entsorgen, können viele Reststoffe aufbereitet und als Sekundärrohstoffe in den eigenen Kreislauf zurückgeführt oder an andere Unternehmen verkauft werden. Oft sind nur geringe Investitionen in Sortier- und Aufbereitungsanlagen notwendig, um erhebliche Kosten für Entsorgung und Neuanschaffung einzusparen. Dies wird als Kreislaufführung von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen bezeichnet.

 

Zirkuläre Geschäftsmodelle

Ganze Komponenten und Produkte hingegen können z.B. durch neue Geschäftsmodelle wie Leasing oder Aufbereitungsprozesse wie Remanufacturing und Refurbishing wieder in den Lebenszyklus zurückgeführt werden. Diese Strategie ist der Kern dessen, was unter der Circular Economy verstanden wird. Dabei geht es vor allem um neue, innovative Geschäftsmodelle, die das Produkt nach der Nutzung zurücknehmen und als Ganzes wieder aufbereiten. Hersteller, die dieses Geschäftsmodell betreiben oder in ihre Reparatur- und Wartungsangebote integrieren, verlängern die Lebensdauer ihrer Produkte und sparen wertvolle Ressourcen. Zudem schätzen viele Kunden ein breiteres Serviceangebot und werden so ans Unternehmen gebunden. Gerade das Remanufacturing birgt viel Potential: Hier werden gebrauchte Produkte komplett zerlegt, gereinigt, repariert und mit neuen Verschleißteilen wieder zu einem neuwertigen Produkt aufgearbeitet. Insbesondere für Investitionsgüter wie Maschinen, Fahrzeuge oder Elektronik ist das Remanufacturing eine attraktive Möglichkeit der Wiederverwendung. Ein gutes Beispiel hierfür ist de ReFactory von Renault in der Nähe von Paris.

 

Recycling

Der Einsatz von Sekundärrohstoffen aus dem Recycling ist eine einfache und effektive Maßnahme für mehr Kreislaufwirtschaft. Viele mittelständische Unternehmen erreichen bereits Recyclingquoten von über 90 Prozent bei Metallen oder Kunststoffen in ihren Produkten. Voraussetzung ist eine sorgfältige Auswahl und Qualitätskontrolle der eingesetzten Rezyklate. Oft lassen sich aber durch den Einsatz von Sekundärrohstoffen erhebliche Kosten gegenüber Primärmaterialien einsparen. Es gibt ganze Recyclinginitiativen von Unternehmen, um das Thema weiter voranzutreiben.

 

Partnerschaften

Kooperationen und Netzwerke sind wahrscheinlich eine der wichtigsten Voraussetzungen und Strategien. Viele Kreislaufkonzepte lassen sich nur gemeinsam mit anderen Unternehmen umsetzen. Gehen Sie daher Kooperationen entlang der Wertschöpfungskette ein und bauen Sie sich "Ökosysteme" aus komplementären Partnern (Lieferanten, IT-Spezialisten, Kunden, Recyclern, oder Fachexperten) um Stoffkreisläufe zu schließen. Zulieferer können Komponenten liefern, die sich leichter reparieren oder wiederverwenden lassen, Logistikunternehmen können die Rückführung von Produkten organisieren und Recycler können die fachgerechte Aufbereitung übernehmen. Auch die Ansiedlung in einem Kreislaufpark oder einer industriellen Symbiose kann Synergien für mittelständische Unternehmen bieten.

 

Mit diesen Strategien können KMU einfach und effektiv in die Kreislaufwirtschaft einsteigen. Durch eine Analyse von Stoffströmen können Potenziale für Verbesserungen identifiziert werden. Sind erst einmal geeigneten Maßnahmen identifiziert, kann man diese strukturiert angehen. Der erste Schritt muss keine große und komplexe Strategie sein, sondern es ist wichtiger ganz praktisch und niederschwellig zu starten. Schritt für Schritt werden Material und Energie eingespart, Kosten gesenkt und die Wettbewerbsfähigkeit gestärkt. Denn Kreislaufwirtschaft ist kein abgehobenes Konzept, sondern lässt sich im Mittelstand ganz praktisch umsetzen, bis hin zu einer innovativen Circular Economy.


Warum auch KMU nicht zu lange mit dem Einstieg in die Kreislaufwirtschaft warten sollten, erfahrt ihr in Teil 3 unserer Liebesgeschichte. Dort geht es um konkrete Handlungsoptionen und wie KMU diese am besten umsetzen.

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